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Mobilität

Unfassbar kryptisch
Nik Scharmann sorgt bei Bosch dafür, dass Autos selbstständig Preise verhandeln und Verträge abschließen können.

Was ist der nächste Meilenstein auf dem Weg im Internet der Dinge? Den Anfang machte die millionenfache Vernetzung von Autos, Maschinen, Gebäuden und weiteren Dingen des täglichen Lebens wie Haushaltsgeräte und Werkzeuge. Nun soll eine eigenständige „Ökonomie der Dinge“ entstehen.

Distributed Ledger Technologien (DLT), wozu auch die Blockchain zählt, nehmen eine besondere Schlüsselrolle ein

Blockchain-Technologie als Basis
Das Ökosystem der Dinge

Mal angenommen, ein Auto könnte wirtschaftlich eigenständig agieren. Es könnte selbst fahren, sein eigenes Geld erwirtschaften, mit der Ladesäule den Strompreis für die Ladeleistung verhandeln, den offenen Betrag begleichen und anschließend mit dem Parkhaus über einen verfügbaren Stellplatz sprechen. Es ist eine gehörige Portion Künstliche Intelligenz (KI), die hinter dieser Annahme steckt. Einer Annahme, die davon ausgeht, dass es im Ökosystem der Dinge nicht nur eine Lösung für die gestellten Anforderungen (Ladesäule, Preis, Parkhaus und Transaktion) geben kann. Das Auto wird im beschriebenen Beispiel quasi zum Unternehmer und sucht nach der bestmöglichen Wettbewerbslösung, um eigenständig einen sogenannten Smart Contract abzuschließen. Smart Contracts sind weniger Verträge im zivilrechtlichen Sinne, sondern vielmehr ein Stück Software, das die Dinge in die Lage versetzt sich selbständig mit anderen vernetzten Dingen auszutauschen, um anschließend auf einer Blockchain die für die Identifizierung, Autorisierung und Bezahlung erforderliche Transaktion abzuschließen. Genau an diesen Themen forscht und entwickelt der Wirtschaftsingenieur Dr. Nik Scharmann (45) bei Bosch.

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Wirtschaftsingenieur Nik Scharmann leitet das Projekt Economy of Things bei Bosch

„Im Grunde beschäftige ich mich damit, wie man Interaktionen zwischen Menschen, Dingen und Firmen so gestalten kann, dass es kein Bindeglied mehr braucht.“

Dr. Nik Scharmann

Dinge untereinander vernetzen
Eine ideale ökonomische Welt?

Scharmann ist Projektdirektor bei Bosch Research und leitet das strategische Vorausentwicklungsprojekt „Economy of Things“. Bei der Economy of Things (EoT) kommt zum Internet of Things der wirtschaftliche Aspekt von Interaktionen hinzu. Die EoT beantwortet die Frage: Wie können vernetzte Geräte im Sinne von Bürgern und Unternehmen untereinander Geschäfte machen? „Im Grunde beschäftige ich mich damit, wie man Interaktionen zwischen Menschen, Dingen und Firmen so gestalten kann, dass es kein Bindeglied mehr braucht. Alltägliche Dinge wie das Bezahlen von Mautgebühren und Parkplätzen oder das Laden eines Elektrofahrzeugs könnten so künftig in einem eigenen Ökosystem direkt zwischen dem Fahrzeug, der Mautstation, dem Parkhaus oder der Ladesäule automatisiert abgerechnet werden“, erklärt Scharmann. Das klingt nach einer idealen ökonomischen Welt. Logisch in der Theorie, aber in der Umsetzung bereits nach wenigen Zeilen abstrakt bis kryptisch. DLTs als Basis für eine sichere Kommunikation der Dinge untereinander lassen sich erklären, ihre Funktionsweise ist nur schwer fassbar. Nicht nur weil sie digital ist, sondern weil die dahinterliegenden Infrastrukturen komplex und dezentral sind.

Economy of Things
Erste Prototypen wurden bereits gebaut

Auch wenn der eine oder die andere von DLTs bisher wenig gehört hat, ist das Thema weltweit zum Superhype avanciert. Die Technologieunternehmen der Welt stürzen sich aufs Thema und die auf Blockchains basierende digitale Währung Bitcoin erlebt eine rasante Kursentwicklung. Mit den Aktivitäten von Nik Scharmann hat das alles wenig zu tun. „Wir experimentieren beispielsweise mit Fahrzeugen und speziellen dafür erforderlichen Steuergeräten, um der eingangs vorgestellten intelligenten EoT wirklich näher zu kommen“. Das Ganze ist tatsächlich ernst. Erste Prototypen in Kooperation mit beispielsweise Siemens oder EnBW wurden in der Vergangenheit bereits gebaut. Die Ergebnisse solcher Prototypen bringen das Team um Scharmann jedes Mal einen Schritt weiter: „Dinge mit eigenen Geschäftsmodellen klingen nach Science-Fiction und KI. Aber das ist aus meiner Sicht der nächste logische Schritt, betrachtet man den digitalen Wandel und die wirtschaftliche Entwicklung“, sagt er und strahlt dabei eine Entspanntheit aus, als würde er über die Zubereitung eines Nudelteigs berichten.

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In der Economy of Things verhandeln Elektromobil und Ladesäule autonom den Strompreis und schließen einen sogenannten Smart Contract ab

„Dinge mit eigenen Geschäftsmodellen klingen nach Science-Fiction und KI. Aber das ist aus meiner Sicht der nächste logische Schritt.“

Dr. Nik Scharmann

Vertrauensvolle Technik
Jeder bleibt Herr seiner Daten

„Die ersten Anwendungen werden wir bald in der Breite erleben. Aktuell wurde beispielsweise die IDunion-Initiative gegründet. Ein Forschungskonsortium, das daran arbeitet, dezentral digitale Identitäten zu verwalten.“ Klingt nach greifbarer Arbeit und löst beispielsweise das Problem, dass Firmen ihre Stammdaten lieber selbstbestimmt verwalten und teilen möchten. Niemand will in große Datenbanken schreiben müssen, weil der Inhaber der Datenbank damit eine gewisse Form von Markteinsichten ableiten kann. In dezentralen Systemen hingegen bleibt jeder Herr seiner Daten und gibt sie nur auf Anfrage frei. Das kann die willkürliche Verwendung von Daten verhindern. Diese auf DLT basierenden Strukturen erlauben dem Dateneigentümer mehr Kontrolle. Genau das ist die Aufgabe, die Nik Scharmann als promovierter Wirtschaftsingenieur derzeit bei Bosch vorantreibt. „Letztlich geht es bei der Idee von Blockchains um sozio-ökonomische Technologien, die digitale Plattformen zu einem Gemeinschaftsgut machen können. Dazu benötigen wir eine Organisationsstruktur mit Regeln und Anreizmechanismen, die der Gemeinschaft nützen. Das kann man sich in etwa wie eine Wohnungs- oder Agrargenossenschaft vorstellen. Nur eben deutlich größer, global und digital. Denn unser Ziel ist der Aufbau einer wertekonformen, sicheren und effizienten Digitalökonomie der Zukunft.“ Die Komplexität des Themas erfordert letztlich die Zusammenarbeit über viele Disziplinen hinweg und bindet damit Ökonom*innen, ITler*innen und eben auch viele Ingenieur*innen ein.

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