Wenn Niklas über Gravitationswellen spricht, leuchten seine Augen. Für viele weit weg, für ihn Realität, in die er uns mitnimmt. Schon während seiner Promotion bei Airbus am Bodensee war er Teil der LISA-Mission (Laser Interferometer Space Antenna), einem Projekt der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Ziel der LISA-Mission ist es, einen Gravitationswellendetektor zu entwickeln, der das Unsichtbare sichtbar machen soll: „Gravitationswellen sind Krümmungen in der Raumzeit, ausgelöst durch gewaltige kosmische Ereignisse, zum Beispiel zwei Schwarze Löcher oder Neutronensterne, die umeinanderkreisen und verschmelzen“, erklärt Niklas in einfachen Worten.
Wie das funktioniert? Durch ein bis ins kleinste Detail ausgerechnetes System: Der Gravitationswellendetektor besteht unkompliziert gesagt aus drei Satelliten. Diese fliegen als Dreieckskonstellation gemeinsam um die Sonne und auf jedem von ihnen schweben zwei Testmassen frei im Raum, abgeschirmt von äußeren Störungen. Mithilfe von Laserinterferometrie, einer Messmethode, die Laserstrahlen verwendet, werden winzige Abstandsänderungen zwischen den Satelliten gemessen, die eine Folge von durchlaufenden Gravitationswellen sind. Hier gilt höchste Präzision, nur dann gelingt das Unglaubliche.
Schon als Kind begeistert von Raketen und Technik, entschied sich Niklas für ein Maschinenbau- sowie Luft- und Raumfahrtstudium an der RWTH Aachen. „Mir hat gefallen, dass man erst einen Überblick bekommt und sich dann spezialisieren kann.“ Bei Airbus schrieb er seine Bachelor- und Masterarbeit sowie seine Promotion. Insgesamt fünf Jahre arbeitete er dort auf der ingenieurwissenschaftlichen Seite der LISA-Mission. „In der Promotion ging es darum, das Gerät so zu bauen, dass alle wichtigen Vorgaben erfüllt werden. Jetzt bin ich auf der anderen Seite tätig: Ich entwickle Methoden, um aus den Messdaten astrophysikalische Informationen zu gewinnen, also aus den Laserinterferometersignalen Rückschlüsse auf die Quellen der Gravitationswellen zu ziehen“, erzählt er stolz.
„Gravitationswellen verraten uns etwas über den Weltraum, das kein Teleskop der Welt sichtbar machen kann. Sie ermöglichen uns einen neuen Blick auf das Universum, in Bereiche, die uns bisher verschlossen waren.“
Der Wechsel an die ETH war bewusst. „Ich wollte wissen, wie Forschungsalltag an der Uni aussieht aber weiterhin Teil dieser spannenden Mission sein.“ Heute arbeitet Niklas als Physiker, obwohl er Ingenieurwissenschaften studiert hat. Kein Problem, denn zwischen Lehre, Simulationen und Analysen erlebt er täglich, wie Technik und Physik harmoniert. „Eine Gemeinsamkeit zwischen Industrie und Forschung ist die Vielseitigkeit. Der Unterschied ist der Fokus: In der Industrie zählt das Wirtschaftliche, an der Uni dagegen kann man Themen mit mehr Zeit in größerer Tiefe bearbeiten. Der Kontakt zu den Studierenden, mein Wissen weiterzugeben, macht mir besonders Spaß“, betont der Forschungs-Fan.
Für Niklas war das Ingenieurstudium der richtige Start: „Wegen der Themenvielfalt, der guten Jobaussichten und der Möglichkeit, im In- und Ausland zu arbeiten. Ich habe Luft- und Raumfahrt studiert und bin jetzt in der Astrophysik gelandet. Das Ingenieurwesen bleibt mir dabei offen.“ Auch wenn seine Arbeit in unendlichen Weiten stattfindet, verliert er den Blick für das Wesentliche nicht. „Luft- und Raumfahrt ist für die Nachhaltigkeit ein zweischneidiges Schwert. Sie verursacht viele CO2-Emissionen, aber sie bringt wichtige Technologien hervor, wie Wettersatelliten oder Frühwarnsysteme bei Naturkatastrophen.“ Was ihn antreibt? „Ich möchte junge Leute von Ingenieurwesen und Wissenschaft überzeugen und sie für Projekte motivieren, die für uns alle relevant sind.“