© FHWS FIW Deinzer
Städte von morgen

Nie wieder verlaufen
Mit Sensordatenfusion zur Indoor-Navigation auf dem Smartphone

Im Rathaus das richtige Büro finden oder in einem großen Museum schnell noch die Toilette suchen. Gerade große oder verwinkelte Gebäude laden zum Verlaufen ein. Um dieses Problem anzugehen, forscht Prof. Dr. Deinzer gemeinsam mit seinem Team der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik an der Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt an einer Sensordatenfusion. Dabei werden verschiedene Messdaten des Smartphones kombiniert, um eine Indoor-Navigation zu entwickeln.

Mit Messdaten vom Smartphone wird eine Indoor-Navigation entwickelt

Ideenfindung
Baupläne und Kaffee trinken

Die erste Idee für die Indoor-Navigation, die heute den Namen simpleLoc trägt, kam Prof. Deinzer bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken mit einem Kollegen. Der berichtete von einer Behörde, die gerade ein neues Bürohaus bezog und Probleme damit hatte, die Handwerker*innen an die richtige Stelle zu schicken. Bei einer halbfertigen Baustelle ist es nicht immer einfach den Überblick zu behalten. Dafür bräuchten die Handwerker*innen zu jederzeit alle Bau- und Lagepläne mit allen Schnittstellen, an denen sie etwas einbauen sollen. Diese wären dann am besten mit ihrem aktuellen Standpunkt verbunden und zeigen ihnen genau, wo es langgeht. Als studierter Informatiker und promivierter Experte für Sensordatenfusion sah Prof. Deinzer in diesem Problem, sofort eine technische Lösung: „Das ist wie mit Hammer und Nagel. Der Hammer sieht auch überall Nägel, die es einzuhauen gilt. In meiner Lehre und Forschung befasse ich mich mit Bilderverarbeitung, Künstlicher Intelligenz, Algorithmen und theoretischer Informatik. Das kommt bei dieser Thematik alles zusammen und hat eine gute Grundlage für ein neues Forschungsthema gegeben.“

© Steinbeis Transferzentrum New Media and Data Science
Mit AR gibt es noch mehr Informationen zu der Bildserie "Passion Christi" im Rothenburg Museum zu entdecken
So sieht die Indoor-Navigation in dem Rothenburg Museum aus

Problemlösung
Dicke Wände und große Stärken

„Nachdem wir lange an dem Thema geforscht haben, kam der Punkt an dem wir die Technik auch ausprobieren wollten“, berichtet Prof. Deinzer. Einen ersten Anwendungsfall fand das Team im "RothenburgMuseum" von Rothenburg ob der Tauber. Dort zeigte sich schnell, dass die Stärke einer präzisen Navigation in der Kombination mehrerer Daten liegt. Denn das Museum befindet sich in einem alten Frauenkloster und die dicken Steinwände schirmen ein übliches Mobilfunksignal meistens ab. Werden jedoch mehrere Daten im System zusammengeführt, kann dieses immer den wahrscheinlichsten Standpunkt der Nutzer*innen berechnen und das sogar auf zwei Meter genau.

Von der Forschung zum Produkt
Navigation mit Interaktion verbinden

Die Umsetzung der Forschung in die Praxis erfolgt meist über das Steinbeis-Transferzentrum New Media and Data Science, das Prof. Deinzer neben seiner Lehrtätigkeit leitet. Besonders die Zusammenarbeit mit Museen hat es dem Informatiker angetan. Dabei gehen die Anwendungen, die er und sein Team entwickeln, meist über die übliche Indoor-Navigation hinaus. Beim Mozartfest 2021 entwarf das Team einen interaktiven Ausstellungsführer, der die Exponate mit weiteren Infos per AR erweiterte. „Als ich damals meinen Sohn bei der Vermessung der Ausstellung dabei hatte, war er vollkommen begeistert. Er ist mit dem Smartphone von Exponat zu Exponat gerannt, um zu sehen, wo er noch weitere Informationen finden konnte. Das zeigt uns, dass diese Technologie, die Navigation mit Interaktion verbindet, ein Weg ist, Museumspädagogik neu zu denken“, erzählt Prof. Deinzer.

© teinbeis Transferzentrum New Media and Data Science
Die KI erkennt das Exponat und reichert es per Augmented-Reality mit zusätzlichen Informationen an

„Der beste Freund den ich habe, ist die Mathematik.“

prof. Dr. Frank Deinzer

So viele Messdaten und nur ein Standort
Ohne Mathe läuft gar nichts!

Aber welche Sensordaten kommen denn nun bei der Navigation zusammen? Im Prinzip verwenden die Forscher*innen jegliche Messdaten, die Smartphones heute sammeln. Dazu gehört zum Beispiel der Beschleunigungsmesser, der die bereits gegangenen Schritte anzeigt. Viele Smartphones besitzen zusätzlich ein Gyroskop, welches die Veränderung einer Laufrichtung erfassen kann. Sogar Treppen können mit hochwertigeren Smartphones erkannt werden, denn diese greifen auf ein Barometer zurück, dass die Veränderung des Luftdrucks misst. Welche Daten in simpleLoc zusammenlaufen hängt teilweise auch vom Projekt ab. Bei der Datenerhebung kommen sowohl alt bewährte Daten zusammen, wie Bluetooth oder WLAN, aber auch neuste Messmethoden, wie zum Beispiel das sogenannte Finetime Measuring, kurz FTM. Für die Navigation in Museen greifen die Wissenschaftler*innen vor allem auf Bluetooth zurück, damit das System auf jedem üblichen Smartphone installiert werden kann. Eins ist aber sicher: Egal welche Daten zusammenkommen, ob Baupläne, Funkdaten oder Schrittmesser – ohne Mathematik läuft hier gar nichts. „Der beste Freund den ich habe, ist definitiv die Mathematik“, lacht Prof. Deinzer.

Weitere Anwendungsgebiete
Smarter Einkauf und Barrierefreiheit in der Indoor-Navigation

Prof. Deinzer und seine Kolleg*innen können sich noch etliche weitere Anwendungsmöglichkeiten für die Indoor-Navigation vorstellen. So könnten beispielsweise in Krankenhäusern Patient*innen die Untersuchungsräume besser finden oder der Einkauf im nächsten Supermarkt verbindet die Indoor-Navigation mit einer KI, die genau weiß, wo die Lieblingsprodukte der Nutzer*innen stehen. Das Programm kann mit verschiedenen Ebenen immer erweitert werden. Beim aktuellen Projekt, der Indoor-Navigation im Würzburger Rathaus, stellt sich Prof. Deinzer beispielsweise eine Erweiterung für eine barrierefrei Navigation vor: „Man kann die Navigation mit weiteren semantischen Informationen schichten. Schritt eins wäre: Wo bin ich? Schritt zwei wäre: Wie komme ich wo hin? Und Schritt drei wäre dann so etwas wie: An dieser Treppe befindet sich der Handlauf auf der rechten Seite.“

Verwinkelte Wege im Würzburger Rathaus werden mit der Indoor-Navigation überschaubar
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Seit 1998 widmet sie sich bereits den Themen Ingenieurwesen und MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Ihr Ziel ist es, junge Menschen schon frühzeitig für den Ingenieursberuf sowie Naturwissenschaften und Technik zu begeistern.

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